"Denn wir
wissen, daß das Gesetz geistlich ist;
ich aber bin fleischlich, verkauft unter die Sünde."
Römer
7, 14
Also nicht am Gesetz liegt es, nicht am Gebot, nicht am Guten, sondern
an mir liegt es; es liegt an der Sünde, daß ich das Gesetz nicht
beibehalten kann, ohne den gerechten Zorn Gottes auf mich zu laden, ohne
mich unter dem Fluch zu befinden Denn wir wissen, daß das Gesetz
geistlich ist; ich aber bin fleischlich, unter die Sünde verkauft.
Das weiß ich, das wissen wir, die wir vor Gottes Wort beben; das
wißt ihr und wenn ihr's nicht wißt, so wißt ihr es doch.
Das Gesetz läßt seiner nicht spotten; wer es beibehalten will,
ist schuldig, es ganz zu tun. Es bleibe aber das Gesetz aufs höchste
geehrt und geachtet: und wehe dem, der es gegen sich hat! Denn das Gesetz
will den Menschen durchaus nach dem Bilde und Ähnlichkeit Gottes haben,
ohne daß es auf die Entschuldigung mit dem, was wir jetzt sind, die
mindeste Rücksicht nimmt. Das Gesetz verlangt Vollkommenheit, Vollkommenheit
der Liebe Gottes und des Nächsten; Lauterkeit gleich dem Golde, welche
jede Probe der Gerechtigkeit Gottes bestehen kann; es verlangt Heiligkeit,
wie Gott selbst heilig ist. Der ganze Mensch soll nach dem Herzen Gottes
sein; Leib und Glieder sollen einen vollkommenen Mann ausmachen vor dem
Angesicht Gottes; einen Mann, dessen Tun, Handel und Wandel - Gottes Tun
und Lassen sei. Das Gesetz kennt nicht Sünde, will nicht Sünde,
ist nicht Urheber der Sünde. Es will einen reinen Menschen, ein reines
Herz, ein heiliges Tun. Es leidet nicht einen einzigen Gedanken, der ihm
zuwider ist; es leidet weder Widerspruch noch daß man's mißdeute
und schwäche. Es fordert Gehorsam: in jeder Beziehung, unter allen
Umständen, unbedingt. Es duldet weder Tod noch Verderben. Es hat,
seiner Heiligkeit, Gerechtigkeit und Wahrheit wegen, einen Abscheu vor
dem Fleisch und will vom Fleisch gar nicht gedient sein, weil es immer
schmeichelt und heuchelt.
Oder wissen wir denn nicht, daß das Gesetz
nicht von einem
Menschen von der Erde, sondern daß es aus dem Himmel herab gegeben
ist; daß die Engel aus dem Mund des Herrn vor den Ohren Moses gesprochen
und seine Befehle Stück für Stück ihm vorgelegt haben, der
sie dem Volk, welches selbst Gottes Stimme nicht mal hören konnte,
als Mittler überbrachte? Es steht also dieses Wort, von den Engeln
gesprochen, fest. Himmel und Erde werden vergehen, aber vom Gesetz nicht
ein Titel oder Jota; denn es ist aus dem Herzen des lebendigen Gottes heraus,
wie er seinen Willen getan haben will, und ist eine Ordnung, wie er alles
regiert. Wie Gott Geist ist, so hat er sein wesentliches Sein und Tun darin
kundgemacht. Aus diesem Feuergesetz strahlt seine Heiligkeit hervor. Das
Gesetz selbst ist ein Feuer, womit er seine ewige Macht und Majestät
herrlich geziert und geschmückt hat und wundervoll handhabt; es ist
eine reine Flamme ewiger Tätigkeit, unaufhörlicher Unruhe der
Ruhe des unversiegbaren alles umfassenden und überströmenden
Lichts seiner Gerechtigkeit und seiner Güte; es ist ein ewiger Widerhall
seines Lobs, hoch aus den Himmeln herab in die Ohren der Menschenkinder;
es ist ein liebliches Harfengetön, ein schmetternder Posaunenschall,
seine Ehre verkündend auf der ganzen Erde; es ist ein Abglanz seines
Lichts, Blitzstrahlen der Geheimnisse seiner Macht.
Geistlich ist das Gesetz; das wissen und bekennen wir von ganzem
Herzen; lebendige Worte sind's, vollkommen und ohne Arg. - Wer das Gesetz
nicht liebt, der ist nicht völlig in der Liebe Gottes. Wer ihm nicht
beistimmt, daß es gut sei, der ist verwerflich bis dahin. Wer nicht
Freude daran hat, der ist ferne von der Gerechtigkeit. Wer nicht seine
Seele dafür einsetzt, wird das Leben nicht finden. Wer es nicht hoch
in Ehren hält, und ehrfurchtsvoll achtet, wird das Reich Gottes nicht
sehen können. Wer eins seiner Gebote auflöst, wird der Kleinere
heißen im Reich der Himmel. Wer es zerstückelt, der wird mit
seiner Frömmigkeit in Stücke gehauen werden; wer es zerteilt,
wird gewogen und zu leicht befunden. Wer wider das Gesetz ist, ist wider
seine Seele. Wer damit über den Haufen fällt, den wird der Heilige
Geist nicht zur Ruhe leiten; wer damit künstelt, wird auch das verlieren,
was er hat. Wer es schändet, dessen Schande wird vor den Leuten offenbar
werden; und wer es haßt, der wird mit den Aufrührern fallen.
Nein, es liegt nicht am Gesetz, daß es nicht gehalten wird. Es liegt
nicht am Gesetz, daß es so fürchterlich droht; daß es
mit eisernem Stab und unerbitterlicher Strenge das Kommando führt
und den mit dem Fluch belegt, der nicht bleibt in allen seinen Worten,
sie getan zu haben. Es liegt nicht am Gesetz, daß vor ihm dem Fleisch
grauet und daß nur dem Tod Frucht gebracht wird, wo man sich an oder
bei ihm hält. Es liegt an ihm nicht, daß man vom Gebot eine
verdrehte Anwendung macht. Dem Gesetz soll man nicht schuld geben, daß
die Sünde - wo das Gesetz kommt - auflebt und grade des Guten sich
bedient, den Tod zu bringen. Keiner soll das Gesetz ansehen, als ob etwas
daran auszusetzen wäre, wenn ich euch vorhalte, daß die Gerechtigkeit
nicht aus einem Gesetz ist und daß Christus euch nicht nützen
wird, wenn ihr es auch nur in etwa beizubehalten gedenkt.
Das Gesetz ist geistlich. Darum könnt ihr es nicht beibehalten.
Es läßt seine Worte nicht deuten nach den Gedanken, welche
Menschen
von Gottesfurcht und Gottseligkeit, von Werken, vom Tun und vom Fruchttragen
hegen. Nicht nur den äußerlichen Buchstaben, sondern alle seine
Worte will es so verstanden haben, wie es dem Geist der Heiligkeit gemäß
ist. Es besteht auf unbedingtem Gehorsam, auf inbrünstiger Liebe,
auf ungefärbtem Glauben, auf unwandelbarer Hoffnung. Wer Gott nicht
liebt von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit allen Kräften und
den Nächsten wie sich selbst - den verdammt es. Sein Schwerstes und
lnnigstes ist: Barmherzigkeit, Glaube und ein unparteiisches Gericht. Wer
nicht ihm gemäß ist am Tage des Gerichts nach Gottes Maßstab,
der wird nicht durchkommen. Und wer vor dem Angesicht Gottes nicht dereinst
vollkommen ist, nach des Gesetzes Zufriedenheit, wird vor ihm nicht bestehen;
wessen Werke nicht voll sind vor Gott, der wird kein Durchkommen haben,
sondern geht zur Seite hinab in die ewige Finsternis.
Es darf der Mensch keine Gebote machen, womit er das Gesetz verwässert,
meistert oder teilt. Ewig ist das Gesetz, ein Ganzes; es will und muß
den ganzen Menschen haben, und der Mensch soll ganz nach dem Willen Gottes
sein, tun und lehren; es soll alles ganz so sein, wie das Gesetz will,
und der Mensch sehe zu, woher er es bekomme.
Denn es duldet keinerlei Entschuldigung, wie: „Das ist gesetzlich,
dazu bin ich untüchtig; dazu ist der Mensch zu tief gefallen; dazu
ist der Mensch zu weit von Gott ab und entfernt; dazu fehlt mir die Kraft;
dazu fehlt mir die Gnade, die hat Gott mir dazu noch nicht gegeben; gibt
er sie mir so habe ich es; aber ich, wer bin ich?; ich bin nichts usw ...“
Damit setzt sich der Mensch in eine Verwegenheit hinein, eine um so greulichere,
weil er sich mit solchen Ausflüchten Gottes begibt, um sein eigener
Herr zu bleiben; um in seiner Selbsttäuschung und Heuchelei sich satanisch
vor Gott zu behaupten mit einer Gottseligkeit ohne Kraft, spottend seiner
Zeugen und heiligen Propheten.
„Heute, heute“, heißt es - und darüber fährt
mancher in die Grube hinab, wo man Gott nicht lobt.
Das Gesetz will die Ehre und Herrlichkeit Gottes und den Ruhm und Preis
seines allein heiligen Namens. Alles Fleisch soll dabei zu Boden, soll
schweigen vor seinem Antlitz und soll bekennen Seine Ehre, Seine Wahrheit,
Seine Gerechtigkeit, Sein Heil. Wie auch die Völker wüten und
wie auch die Herzenshärtigkeit der Pharisäer und Schriftgelehrten
wider Gott tobt und seinen Gesalbten, um sich seiner Ordnung zu entschlagen,
- indem sie sich schützen wider Gott in Seines Gesalbten Palast -,
so wird doch feststehen dieses Wort: daß der Knecht, der seines Herrn
Willen gewußt und nicht getan hat, doppelte Streiche erleiden wird.
Es wird aber die Autorität und Wahrheit des heiligen Gesetzes Gottes
rein und ungeschändet bleiben von allem Wesen, Tun und Treiben der
Menschen, wo sie in ihrer Antinomie sich auf die Verheißung stützen,
und hinter ihr von Gott Absein sich versteckend, dennoch jedesmal sich
empören, wenn ihnen gepredigt wird, sie seien ganz und rein ab von
Gott. - Das Gesetz ist geistlich. Es verdammt jede Quasi-Kirche als eine
Hure; jeden Frondienst als Heuchelei; jeden Jesus, den ich euch nicht gepredigt,
als Staub; jeden Geist, den ihr nicht empfangen habt, samt allen seinen
Wirkungen als starkes Getränk, und die sich davon vollmachen als Weinsäufer;
jedes Opfer, das Gott nicht geboten, als das Schlachten eines Hundes; und
derartige Gebete, Liederverse, Predigten und fromme Werke als Verwesungsgestank
und Auskehricht. Es verdammt alle, die damit umgehen, als Otterngezücht
und derartige Versammlungen als einen Rat der Gottlosen, schnell, um Blut
zu vergießen und Ratschläge zu machen gegen den Unschuldigen;
es schilt alle derartige miteinander als Diebe; Räuber und Mörder,
Hurer, Ehebrecher und Giftmischer, - grade während sie schreien: „Wir
sind des Herrn Tempel! Hier ist Christus! Wir haben den Geist; wir die
wahren Werke!“
0 meine Brüder, seht, das wird auch euer Gericht sein, wofern
ihr das Gesetz nicht anerkennt, wie es ist. Da werdet ihr euch vieles anmaßen,
meinend, ihr seiet etwas, und werdet Lehrer des Gesetzes sein, ohne zu
wissen, was ihr lehrt, sagt und tut. Lernt von mir das Gesetz hoch ehren
und es anerkennen, wie wir es kennen, damit ihr, durch Jesum Christum zu
Gott gebracht, darin eure Frucht habet, Gott zu dienen in Geistes-Neuheit.
- Das Gesetz ist geistlich und bezweckt ebendies. Und ihr wolltet es beibehalten,
um dadurch fromm und selig zu sein? Das Gesetz sagt denen, die unter dem
Gesetz sich befinden, daß sie es nicht sind. Wolltet ihr es beim
Gesetz suchen? Es kann euch seine Geistlichkeit nicht mitgeben - denn die
Sünde ist da, und das Gesetz leidet diese nicht; das Fleisch ist ihm
ein Greuel. Wolltet ihr, die ihr Christi seid, das Gesetz beibehalten,
so wird solches vom Gesetz als die greulichste Hurerei und Buhlerei gestraft
werden; denn es will nicht seine Ehre, sondern den Herrn der Herrlichkeit.
Wehe aber dem Zauberer, der es wagt, die Gabe und Kraft Gottes sich zu
erbitten oder zu erwarten, auf daß
er damit Wunder tue.
Das Gesetz besteht in sich selbst ewig und unverletzlich. Entweder
rein vom Gesetz ab in dem Leib Christi; Christo ganz an - soll Leben da
sein, wie das Gesetz Leben ist; oder rein von Christo ab, und ganz dem
Gesetz an - so wird's Verdienst sein. Und diesen Verdienst werdet ihr dennoch
dem Tod zur Frucht getragen haben, weil die Sünde und der Tod schon
bestehen in der Welt, bevor ein Gesetz dem Mose gegeben wurde.
Wenn ihr aber nun anerkennt, daß das Gesetz geistlich ist, daß
es das Wesen des Geistes, die Neuheit des Lebens will: so werdet ihr es
aber nicht beibehalten wollen, um dies dadurch zu erlangen oder zu bewahren,
sondern ihr werdet an Gott glauben, der die Toten lebendig macht und Jesum
aus den Toten erweckt hat. - Behaltet ihr es aber dennoch bei, das Gesetz,
so werdet ihr es so unheilig nicht befinden, daß es mit sich buhlen
lasse; denn es nimmt nur Christum in euch an; aber das Halbwesen, halb
Christi, halb des Gesetzes, entzündet Zorn und schürt ihn zu
einer ewigen und verzehrenden Glut. Das Gesetz ist gerecht und verdammt
diese Ungerechtigkeit, welche vom Geist des Lebens in Christo Jesu einige
Kraft zu entlehnen sucht, um in ihm - dem Gesetz - gebunden zu bleiben
und nach seinem Willen hier etwas zu werden und dereinst etwas zu sein;
- was man doch nur ist und hat, wird und bekommt, wo man von dem
Gesetz
rein ab ist,
Seinem Gesetz untertan ist - dem Gehorsam des Glaubens,
so wie es heißt „Ich bin der Herr euer Gott, der euch herausgeführt
aus dem Diensthause; habt keine Götzen neben mir; macht euch kein
Bild von dem, was im Himmel und auf Erden ist; ruft meinen Namen aus und
heiligt meinen Sabbat.“ –
Ich habe vorhin euch mitgeteilt, wie es mir ergangen ist, da ich das
Gesetz beibehielt. - Der Sünde wegen ist es unmöglich. An uns
liegt es und nicht am Gesetz. Die Sünde kam dazwischen; denn wir wissen,
daß das Gesetz geistlich ist. - Wie Gott Geist ist, so ist sein Gesetz
geistlich; wie Gott gerecht ist, so auch sein Gesetz. Wie Gott heilig,
gerecht und gut ist, so auch sein Gebot; - nicht eines Menschen Wort ist
es, sondern das lebendige, ewig bleibende Wort Gottes. Es ist geistlich
und will nur Geist; deswegen kann allein ein ewiger Geist es nach dem Willen
Gottes deuten, erfüllen, handhaben, so wie es entspricht der Wahrheit
Gottes; so wie es entdeckt allein Seine Gerechtigkeit; so wie es kundtut,
daß Gott Herr bleibe, daß Sein Rat bestehe und unsträflich
so anerkannt sei, wie er denselben aufgerichtet und festgestellt, ehe noch
Sünde, Tod, Gesetz und Welt war.
Himmel und Erde sollen vergehen, aber das Gesetz wird bis auf jeden
Titel und Jota bestätigt erfunden werden in seinem Walten, daß
der Herr Gott ist und sonst keiner. Die das Gesetz kennen, werden, ihm
zustimmend, Gottes Gerechtigkeit allein preisen und kundtun; kraft welcher
er, indem er seinen Sohn gesandt in Gleichheit eines Fleisches von Sünde
und Sünde halber, die Sünder verurteilt hat in dem Fleisch; -
welches dem Gesetz unmöglich war, weil es durch das Fleisch war gekränkt
worden. - Wo du aber Gott anerkennst als Geist, in welchem alle Gerechtigkeit,
alle Heiligkeit, alle Gewalt, alle Wahrheit und Treue wohnt - aber
nicht
Sünde,
nicht Finsternis: so wirst du das Gesetz nicht beibehalten,
um noch weiter gegen Gott dich zu empören; du wirst aber, so wie es
deine Sünde dir aufdeckt, Gott recht geben und dich selbst verurteilen.
Also aufgenommen in die Gerechtigkeit Gottes, bedeckt mit der Gnade Jesu
Christi und erfüllt mit der Liebe Gottes, welche in das Herz ausgegossen
ist durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist, stehst du aufrecht da
in der Hoffnung der Herrlichkeit und mit gutem Gewissen, welches dir bezeugt,
daß du Gott wohlgefä1lig bist und einen gnädigen Gott hast.
So wie also nun Gottes Gerechtigkeit in dem Evangelium Christi aus
Glauben entschleiert wird, damit man nicht wirke, aber glaube an Gott,
der die Gottlosen rechtfertigt: so bekenne ich euch offen, daß ich
das Gesetz zu sehr hochachte, um es beizubehalten, wie dies denn auch unmöglich
und gesetzwidrig ist. Gott für gerecht und wahr halten, wie er Geist
ist - nur das wird als Gerechtigkeit angerechnet. Ist einem die Sünde
weggenommen vor Gottes Angesicht und ausgetilgt, so verhält sich das
doch nicht so, als ob nun auch die Sünde an und für sich nicht
mehr das sei: und wie sie da ist, so hört sie auch nie auf, wo man
das Gesetz beibehalten will, sich grade durch das Gebot um so greller zu
zeigen und einen mit dem Zorn Gottes zu belegen. Denn nur durch die Gerechtigkeit
sind die Sünden nach Gottes Gnade und Erbarmung bedeckt; will man
aber das Gesetz beibehalten, alsobald lebt die Sünde auf; man bleibt
nicht in der Güte Gottes; es ist kein Friede da, sondern ein Treiben,
um Gott
durch Werke wohlgefällig zu sein, was man doch nie
werden kann.
Also nicht am Gesetz liegt es, daß ich's nicht beibehalten kann.
Denn wir wissen, daß es geistlich ist;
ich aber bin fleischlich.
Das eben ist die Sünde, die es mir unmöglich gemacht hat, zu
Gott zu kommen durch das Gebot oder mich bei Gott zu halten; denn Geist
und Fleisch, Gott und wir - wie wir sind, seit durch eines Ungehorsam die
Sünde in die Welt gekommen ist - sind einander so entgegen, daß
wir ganz allein durch den Mittler Gottes und der Menschen, den Menschen
Jesum Christum, den Zutritt haben im Geist zu Gott. Und es soll also nur
die Gnade mit uns, Jesus Christus aus dem Samen Davids, auferstanden aus
den Toten, im Gedächtnis gehalten werden; von mir aber will ich nichts
wissen, als daß ich fleischlich bin. So wie es geschrieben steht:
„Alles Fleisch ist Heu - die Menschen sind Fleisch. Ihr nun, ihr Schafe
meiner Weide, ihr seid
Menschen“ - und es soll also Gott
Gott
bleiben, und wir sollen bekennen: „Was ist ein Mensch, daß du sein
gedenkst, und ein Adamskind, daß du es besuchst!“
Durch diese Sünde, aus eines Ungehorsam entstanden, ist der Tod,
das Absein von Gott, auch auf mich übergegangen; in diesem Tod habe
auch ich als erster gesündigt, bin Sünder und bleibe Sünder,
und bestehen soll das Wort des Herrn, der Geist ist, welches jedes Adamskind
deswegen „Fleisch“ nennt, weil es von ihm abgekommen, weil es nicht Geist
ist. Es ist hier davon nicht die Rede, daß jeder aus dem Geist Geborene
Geist ist; - denn gleichwie Mann und Weib
ein Leib sind, so der
Herr und der ihm anklebt
ein Geist -: hier handelt es sich darum,
wenn jemand, der sich als Untertan des Gehorsams des Glaubens darstellt,
das Gesetz beibehalten will; hier ist davon die Rede, wie ich’s denn in
eigner Erfahrung erlebte, daß man aus dem Grunde mit dem Gesetz nicht
zusammenwohnen kann, weil es geistlich ist, wir aber fleischlich - und
darum soll der Gehorsam des Glaubens Anfang und Ende sein. Ist aber Christus
nicht alles in allem und soll das Gesetz noch mit dabeisein, um fromm und
selig zu werden, so bekenne ich freudig: Mir ist meines Herrn Jesu Christi
Gnade genug; ich kann das Gesetz nicht beibehalten, ohne es auf allerlei
greuliche Art und Weise zu schänden und ohne ihm Gewalt anzutun; ohne
grade das Gegenteil von dem zu tun, was es will; denn ich bin fleischlich,
und was aus Fleisch gezeugt ist, das ist Fleisch. - Fleisch, so heißt
Gott das Kind Adams, seitdem es von ihm abgekommen und, abgeschnitten von
Seinem Leben, verlorengegangen ist. So ist Adam, so mein Vater und meine
Mutter dem anheimgefallen, der des Todes Gewalt hat, das ist dem Teufel;
und in diesem Tod, unter diesem Urteil, entstanden aus eines Ungehorsam,
unter dem Zorn Gottes und der Verdammung bin ich nach dem Bilde meiner
Eltern in Ungerechtigkeit gezeugt und in Sünde empfangen von meiner
Mutter. So ist's also bei mir ein ganz verkehrtes und verdrehtes Wesen,
ein albernes Tun; so bin ich: tot in Sünden und Missetaten, ohne Gott
und ohne Hoffnung in der Welt; ein Mensch ganz nach unserer Art, Natur,
Beschaffenheit; dessen Dichten und Trachten von Jugend auf böse ist
und immerdar; ganz fleischlich mit allem, was in und an mir ist, mit allen
Sinnen und Gliedern, mit Seele und Leib, mit Vernunft und Willen.
„Ja“, werdet ihr einwenden, „mein Lieber, wir verstehen dich doch recht;
du meinst, so seiest du weiland gewesen; aber jetzt bist du es doch nicht
mehr, denn wie ließe sich das mit deiner Weise reimen, wie du die
Leute strafst?“ - Fort mit allen solchen Einwendungen! Hört nur recht:
Ich
bin es. Denn es geht hier darum, ob man das Gesetz beibehalten
soll oder nicht, um dadurch fromm und selig zu werden. Ich bekenne es euch
frisch heraus, und ihr mögt euch daran prüfen, ob der Geist Gottes
in euch wohnt - wer aber den Geist Christi nicht hat, der ist nicht sein
-: Ich und das Gesetz sind Gegensätze wie Grab und Paradies; denn
ich bin fleischlich.
Gott schuf den Menschen, in seinem Bild und nach seiner Ähnlichkeit
schuf er ihn. Der Mensch ist verloren aus eigenen freien Stücken,
durch Verführung des Satans. Er verlor - nicht das Bild Gottes, sondern
er verlor - Gott; und nachdem er ungehorsam geworden war, hieß Gott
ihn „Fleisch“ und sein Tun „böse, Sünde“. - Wie macht's nun seitdem
der Mensch? Er bedient sich der Beschaffenheit, nach welcher er von Gott
geschaffen ist, grade als wäre er nicht durch eines Ungehorsam ein
Übertreter geworden; als wäre er nicht gefallen; als wäre
nicht sein ganzes Herz, Sinnen, Gedanken, Überlegungen, als wäre
er nicht, wie er leibt und lebt, verdreht und verkehrt.
Er bedient sich der
Gabe Gottes, um Gott vorzuwerfen, es sei
nicht seine Schuld, sondern Gottes. Des Geistes will er sich bedienen,
um den Leib am Leben zu erhalten, und will nicht anerkennen, daß
der Leib tot ist der Sünde wegen; er will ihn durchaus am Leben halten
durch Opfer und Leiden, nicht aber durch den, der Christum aus Toten erweckt,
welcher in dieser Beziehung unsere sterblichen Leiber lebendig machen wird
durch seinen in uns wohnenden Geist.
Er bedient sich des
Lichts, wonach er gemacht ist - nicht anerkennend,
daß der ganze Leib finster ist -, um sich einen Licht-Gott zu machen
und in seinem selbst angezündeten Licht zu wandeln, um Himmel und
Erde zu beleuchten, damit Gott nicht zu sagen vermöge, er sei ein
Kind der Finsternis.
Er bedient sich des
Lebens, um seinen Tod zu leugnen; der Gerechtigkeit,
um seine eigene Gerechtigkeit aufzurichten und dann zu behaupten, er verwerfe
seine eigenen Gerechtigkeiten; der Heiligkeit, um sich selbst zu heiligen
und zu reinigen in seinem Grab, um seine Unreinheit zu schminken und zu
polieren, damit seine Totenfarbe und der ihn zerfressende Rost nicht gesehen
werde.
Er bedient sich der
Wahrheit, um Gott zum Lügner zu machen,
um von Gott sich loszureißen, wo er an ihn gebunden ist, und Gott
an sich zu binden mit einem Wort, das - so wie er es gedeutet - nicht zu
ihm gekommen ist. - Er bedient sich des Verstandes, um mit Hinterlist Gottes
sich zu entschlagen; Fragen aufzuwerfen, damit seine Gottlosigkeit ihn
nicht ins Angesicht schlage; dem Geist zu widerstreben durch Selbsttäuschung
und Schmeichelei; um Gott zu meistern, dessen Wesen und Tun bei den Menschenkindern
nur Gerechtigkeit ist. - Woher kommt's sonst, daß, wo von Gottlosen
die Rede ist, er sich für heilig und fromm hält - und wo von
Heiligen und wie es solchen geziemt, daß er sich für Sünder
und schwach hält?
Er bedient sich der Erkenntnis des
Guten, daß er für
seine böse Tücke und Stücke die göttliche Zustimmung
erlange; und der Erkenntnis des Bösen, um alle Werke Gottes aus einem
Standpunkt zu betrachten, von welchem aus er sie lobt oder meistert, je
nachdem er seiner eignen Bosheit dabei frönen zu können meint.
Kurz - er bedient sich nach seinem Fall alles dessen, was er von Gott
hat und wie Gott ihn geschaffen, um sich neben Gott hinzustellen als einen
intimen Freund, als ein Kind neben den Vater, als eine Ehebrecherin neben
den Mann: um Gott seiner Krone zu berauben und die Krone zu verschmähen,
die Gott gemacht. Er will durchaus nicht verloren sein, nicht so untauglich,
so ungerecht, so unheilig, so untüchtig und kraftlos, so elend und
verworfen, so ganz von Gott los - wie er wirklich ist. Er stürmt immer
dagegen an und will durchaus nicht auf seinem Platz bleiben, auf welchen
Gott ihn hingeworfen in seinem gerechten Zorn, nach dem Wort: „An dem Tage
du davon issest, wirst du den Tod sterben.“ Sein Geschaffensein in dem
Bild Gottes, seine Gottähnlichkeit will er, wie er auch verloren ist,
mit aller Kraft vor Gottes Angesicht verteidigen; weil er aber einsieht,
daß er damit doch nicht durchkommt und nicht zureicht vor Gottes
Gericht, so gibt er dem Bild schuld, daß es nicht mehr dasselbe sei,
anstatt sich selbst zu beschuldigen, daß er wider Gott allein gesündigt.
Und nun meint er, wenn er erst das Bild wieder habe oder wenn nur seine
kraftlose Kraft losgebunden sei - wie ein Vogel vom Strick, dann werde
er es wohl bald mit des Geistes Hilfe und durch Christi Kraft fertigbringen.
Dazu theologisiert er sich nun einen Jesus, einen Heiland, einen Geist,
einen Glauben, eine Gnade, einen Gottesdienst, einen Wandel und gute Werke,
ein Gesetz, ein Evangelium und was sonst. Dann macht er sich an einzelne,
und hat er es etwas weitergebracht, an die gesamten Gebote, ja zuletzt
will er mehr leisten, als er schuldig war und Gott von ihm forderte - nur
daß er das Bild wieder habe. Dafür gibt er denn allerdings Gott
die Ehre und wird nach diesem Leben vollkommen sein wie im Paradies. Und
dieses sein Benehmen hat durchaus keinen andern Grund als das aufrührerische
Bestreben, an Gottes Wahrheit in Ungerechtigkeit festzuhalten; keinen andern
Grund, als daß er an Gott sich mache, dessen Gerechtigkeit ihn der
Ungerechtigkeit und des Ungehorsams halber bestraft, - ihn straft, daß
er selber sich ins Verderben gebracht hat und bringt, wo er in Gott, in
seinem Heil stehen sollte.
Dieser Ungehorsam nun, dieser Stolz und diese Hoffart des Fleisches,
diese Sünde, wobei man Gott nicht Gott will bleiben lassen, kommt
überall auf verschiedene Art, aber aus dem einen Bestreben hervor,
das Gesetz beibehalten zu wollen. Es ist dies nichts anderes denn eine
Umkehrung der Ordnung aller Dinge, wie sie von Anfang festgestellt worden
ist: da ist man wie Ton, der den Töpfer bereiten will; wie ein Hund,
der den Meister spielt; wie ein Werk, das den Werkmeister fertig machen
will; oder wie einer, der bei Gott etwas schaffen wollte, der alle Dinge
allein gemacht hat durch sein Wort. - Sowenig aber dies denkbar ist, sowenig
kann Fleisch dem Geist dienen, um vor ihm etwas hervorzubringen: oder wird
ein Todsiecher den gesunden starken Helden binden können nach seinem
Gefallen? –
So wie ich euch nun beschrieben habe, ihr Brüder, was Fleisch ist
und tut und weshalb es sich des Gesetzes bedient, nämlich um vor Gott
zu bleiben - welches eben unsere Sünde ist: so habe ich euch auch
belehrt, daß ich es nicht beibehalten kann, meiner Sünde, meines
von Gott Losseins wegen, indem es geistlich ist; ich aber bin fleischlich,
unter
die Sünde verkauft.
Ja, ich bin verkauft unter die Sünde, ich bin hineinversetzt innerhalb
der Grenzen des Landes, welches nur Sünde ist. Und dies bin ich durch
das gerechte Urteil dessen, der Himmel und Erde gemacht, der auch mich
geschaffen hat. Gegen ihn, gegen ihn allein bin ich ungehorsam gewesen.
Deshalb bin ich der Sünde überliefert worden und anheimgegeben.
Was ich bin - bin ich der Sünde Eigentum; was ich denke, ist der Sünde;
was ich wirke, tue oder lasse, ist der Sünde. Sie hat mich in ihrer
Botmäßigkeit, und allerwärts spricht sie: Du bist mein,
mir zu dienen, unter meiner Gewalt zu stehen, dich zu drehen und zu wenden
nach meinem Belieben. Also hat Gott Gott bleiben müssen. Und
nachdem ich ungehorsam geworden, ermangele ich Seiner Herrlichkeit:
das ist die Sünde, unter welche ich verkauft bin.
Und was wirkt diese anders in mir, als was ich immerdar erfahre, daß
ich nur mit Widerstreben mich an dem festgeklammert halte, der allein der
Weg, die Wahrheit und das Leben ist; während er mich festhält
nach der Wirkung der Macht seiner Kraft, womit er auch alles ihm kann untertänig
machen. - Meinetwegen, ich erfahre, daß ich bestimmt bin zur Sünde.
Das hilft nicht, ob ich es auch noch so gern anders wollte; und wenn ich's
auch nicht sein will, so muß ich doch erfahren, was ich bin: ein
Kind des Todes, von Gott ab und los, zu allem untüchtig; denn ich
tue, was ich tue; ich lasse, was ich lasse - es ist alles verkehrt und
taugt nicht. Niemand ist gut als der einige Gott. Das Geschöpf aber
ist der Eitelkeit unterworfen; und daß es das ist, muß ein
jeder erfahren, wie er es auch von sich abzulehnen wünsche. Das Gesamte
hat die Schrift zusammen verschlossen unter die Sünde. - Aber, o Tiefe
des Reichtums des Verstandes und der Weisheit dessen, der alles um Sein
selbst willen gemacht hat! Nur so, so allein konnte er Gott bleiben und
uns, die da glauben, mit Seiner Herrlichkeit belegen, welche wir - die
wir haben von Gott das ewige Leben, welches ist in seinem Sohn Jesu Christo
- mit Beharrlichkeit hoffen. Gott ist Gott und keiner neben ihm: wir sind
Menschen.
Vor unserm Fall, da waren wir vollkommen gut, selig und glücklich
in dem Gehorsam seines Wortes: „Du sollst essen von allen Bäumen in
dem Garten; aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst
du nicht essen“; da war er Gott und hatte Wohlgefallen an uns, seinen Untertanen.
So wie wir aber durch Satans Hinterlist sein Wort deuteten, als hätte
er es gesagt allein um Seinetwillen - nicht aber um Seinetwillen zu unserer
Wohlfahrt: da folgten wir unserer Begierde nach. Und nachdem wir Gott,
unser einziges Gut, in welchem all unser Heil ist, verlassen und verloren
hatten, da würde keiner die Gerechtigkeit zu seinem Heil anerkannt
noch sie verherrlicht haben, hätte Gott nicht alles verschlossen
unter Sünde; und Gottes heiliger Thron wäre nicht als ewig
anerkannt worden, wenn nicht der Mensch - der nach seinem Fall geworden
ist wie einer Gottes, zu wissen, was gut und böse ist - mit dieser
Wissenschaft aus dem Paradies hinausgetrieben worden wäre, um in dem
Schweiß seines Antlitzes sein Brot zu essen und mit Schmerzen und
Wehmut Kinder zu ziehen. Denn wäre das unabwendbare Elend des Lebens
des Leibes nicht da, so würden die Pläne und Ausgeburten dieser
Wissenschaft - die doch zuletzt alle an diesem Elend scheitern - zu einem
Grade der Verwirklichung gesteigert werden, zu einer Kraft, um Gott sich
zu nähern, daß keinem geholfen worden wäre, um wieder zu
Gott gebracht zu sein, und daß das Feuer vom Himmel herab uns schon
alle verzehrt hätte.
Der Heiligkeit, der Wahrheit, der Majestät Gottes wegen wurden
wir unter die Sünde verkauft; und es mußte also Sein Wort obwalten:
„An welchem Tage du davon issest, wirst du den Tod sterben.“
Das Glück dessen, der bei Gott ist, besteht nur in Gottes Souveränität.
Das Geschöpf aber, wenn es diese nicht anerkennt, wenn es vielmehr
sein will wie Gott, zu wissen, was gut und böse ist; wenn es sich
neben Gott hinstellt mit der Anmaßung, wo Gott der Erste ist, der
Zweite sein zu wollen, so etwas neben Gott, etwa der sichtbare Gott, der
auf Erden wandelt: da entzieht es sich alsobald selbst dem Heil der Herrlichkeit
Gottes; und gleichwie das Geschöpf selbst sich ins Verderben gestürzt
hat, so ist ihm die Strafe seiner eignen Anmaßung und Verwegenheit
überkommen. - Das heilige Wesen Gottes konnte ein Geschöpf nicht
neben sich dulden, welches ungerechterweise über die Stellung hinaus
sich anmaßte, welche ihm vor dieser Anmaßung unverdient von
dem verliehen worden war, der unbedingte Freiheit hatte, zu schaffen oder
nicht.
Die Schuld des Menschen ist Ungehorsam; daß er dadurch
von Gott abgekommen, ist seine Sünde, und daß er in diesem
Abgekommensein von Gott sterbend stirbt, ist die Strafe, welche
er selbst sich zugezogen hat, und daß ein jeder in diesem von Gott
Absein, in diesem Tod nicht abläßt von jener Anmaßung
und Empörung, darin offenbart er sich völlig als einen Übertreter
wie Adam, nach dessen Bild er gezeugt ist. - So steht's mit der Sache.
Gott allein bleibt heilig, gerecht und Sein Wort wahrhaftig; ich aber,
ich stecke in dieser Verdammung, in diesem Absein von Gott, in diesem Tod,
in dieser Begierde, das selbst in die Hand zu bekommen, was der Allerhöchste
ausschließlich in eigner Hand hält, ich stecke in all dem Elend,
worunter das Geschöpf seufzt, und kann es nicht von mir abwehren.
Indem ich so mich hingegeben fühle, so unterworfen, so gekettet, so
der Freiheit des Willens und des Tuns entäußert, daß ich
selbst von meiner Wissenschaft des Bösen und des Guten keine andere
Frucht habe, als um so fester in dieser Sklaverei gebunden zu werden: was
meint ihr da, meine Brüder: Glaubt ihr, daß ich da das heilige
Gesetz Gottes scheue oder hasse oder für Sünde halte? - 0 mitnichten!
Wie fürchterlich der Anblick der Majestät für mich sei,
wie sehr ich dabei zusammenschrumpfe, wie tief ich hinuntersinke in meine
bodenlose Verlorenheit, wie ich daniederliege in dem Gefühl meines
Nichts - so daß aller Mut, Geist und Lebenskraft dahin ist, daß
aller Trost mir schwindet -: grade da, grade so empfinde ich aufs siißeste
die Lieblichkeit der Heiligkeit Gottes. Grade in dem „Wehe mir, ich vergehe!“
preise ich und fühle mich aufgerichtet an seinem ewigen Sein. In dem
mich tötenden Buchstaben empfinde ich eine Macht und Weisheit Gottes,
welche in dem Ohren und Herz durchdringenden Wort und Hauch des Ewigen
die Sünden von mir weggenommen und mich versetzt hat vor Ihm untadelig,
um Seine Gerechtigkeit zu bezeugen und sonst keine. Habt ihr den Geist
Christi, habt ihr Jesum Christum lieb unverrückt in Unverderblichkeit:
so werdet ihr das Gesetz hochachten, lieben, aufrechthalten und handhaben
gegen alle, die es heruntermachen, teilen und schänden wollen. Und
also bekennt ihr: daß Gott - Gott ist und Fleisch – Fleisch. Neben
Christo aber das Gesetz beibehalten wollen. um dadurch gerecht und selig
zu werden, ist ein Verfahren, dessen Gottlosigkeit und Gesetzwidrigkeit
ich euch nicht vorenthalten darf um der Heiligkeit, Gerechtigkeit und Wahrheit
Gottes willen; denn Sein Wort ist es, womit er alles unter Sünde verschlossen
hat, auf daß er sich aller erbarme nach dem Rat seines Willens, wonach
er uns erwählt hat in Christo Jesu vor der Welt Zeiten, um untadelig
und ohne Runzel vor Ihm zu sein in dem Geliebten.
Sollte nun einer unter euch etwas anderes von sich halten, so mag er
das vor Gott ausmachen. Ich aber bekenne euch offen von mir, wenn ich früher
gemeint habe, der Sünde, wie sie mich auch betrog, doch noch einst
Herr zu werden durch das Gebot, daß ich euch jetzt schreibe, es sei
eine abgeschnittene Sache - denn ich bin unter die Sünde verkauft.
( aus einer Auslegung H. F. Kohlbrügges zu Römer
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